“Kauft das Bio des Stroms!" Warum Ökostrom ein enormer Hebel für eine nachhaltige Zukunft ist
Marie Hallwirth von Zero Waste Austria im Interview mit DI Dr. Hildegard Aichberger von oekostrom AG
Wir haben mit der Vertriebs- und Marketing-Vorständin der oekostrom AG, DI Dr. Hildegard Aichberger über nachhaltige Energie gesprochen. In diesem Interview erklärt sie uns, warum es wichtiger ist, auf nachhaltigen Strom zu setzen, als auf Plastiksackerl zu verzichten, wie wir es schaffen können, unseren Strom zu 100 % aus erneuerbaren Quellen zu beziehen und warum es sich lohnt bei der Stromkennzeichnung so genau hinzusehen, wie bei unseren Lebensmitteln.
Ein Beitrag von Marie Hallwirth
Wer ist die oekostrom AG?
Die oekostrom AG gibt es seit mehr als 20 Jahren - 22 Jahre sind’s ganz genau. Wir waren das erste Unternehmen, das ein Windrad auf der Parndorfer Platte gebaut hat - also sind wir wirkliche Pionier*innen der Energiewende. Wir sind eine Aktiengesellschaft - genauer gesagt eine Publikumsaktiengesellschaft mit ungefähr 2000 Aktionärinnen und Aktionären. Unser Gründungsgedanke war tatsächlich die Energiewende herbeizuführen. Aber schon mit dem Hintergedanken zu zeigen, dass Wirtschaft auch anders funktionieren kann. Dass es möglich ist, dass man als Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich ist und gleichzeitig einen Beitrag zur Gesellschaft und in dem Fall zur Umwelt vor allem leisten kann.
Heute sind wir nach wie vor ein voll-integrierter Energieversorger - das heißt wir produzieren auf der einen Seite Energie durch Windanlagen, Photovoltaikanlagen und Kraftwerke in Österreich, der Slowakei und Deutschland. Wir haben aber auch einen Vertrieb mit ungefähr 80 000 Kunden und Kundinnen, denen wir Energie im Strom- und im Wärmebereich verkaufen.
Heute sind wir nach wie vor ein voll-integrierter Energieversorger - das heißt wir produzieren auf der einen Seite Energie durch Windanlagen, Photovoltaikanlagen und Kraftwerke in Österreich, der Slowakei und Deutschland. Wir haben aber auch einen Vertrieb mit ungefähr 80 000 Kunden und Kundinnen, denen wir Energie im Strom- und im Wärmebereich verkaufen.
Was ist Ökostrom?
Ökostrom, auch Grünstrom oder Naturstrom genannt, wird im Gegensatz zu konventionell erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen. Bezieht man Ökostrom, ändert sich der physische Stromfluss aus der Steckdose zwar nicht, jedoch finanziert man nur umweltfreundliche Stromanbieter*innen und nicht etwa Atomenergie oder Energie aus Kohle, Erdöl oder Erdgas.
Was unterscheidet oekostrom AG von anderen Grünstromanbieter*innen in Österreich?
Einerseits der Punkt, dass wir integriert sind, das heißt, dass wir eben auch Energie produzieren. Es gibt ganz viele, die entweder nur Energie vertreiben oder nur produzieren, aber es gibt wenige, die wirklich beides machen. Das heißt wir decken die ganze Wertschöpfungskette vom Kraftwerk bis zur Steckdose ab.
Andererseits setzen wir bei der Energie, die wir verkaufen, wirklich nur auf österreichische Energie (Anm. d. Red.) - das machen auch nicht viele in dieser Form. Außerdem sehen wir uns nicht nur als Pionier*innen der Energiewende, sondern auch als Pionier*innen einer anderen Form des Unternehmertums. Wir sehen es auch als unsere Verantwortung, dass wir gesellschaftspolitisch aktiv sind und auch dort die Energiewende vorantreiben. Das hat jetzt nichts mit unserem direkten Geschäft zu tun, sondern mit den Rahmenbedingungen. Hier haben wir im Bereich der Stromkennzeichnung und im Bereich der Gaskennzeichnung im Gesetzgebungsprozess viel bewirkt.
Andererseits setzen wir bei der Energie, die wir verkaufen, wirklich nur auf österreichische Energie (Anm. d. Red.) - das machen auch nicht viele in dieser Form. Außerdem sehen wir uns nicht nur als Pionier*innen der Energiewende, sondern auch als Pionier*innen einer anderen Form des Unternehmertums. Wir sehen es auch als unsere Verantwortung, dass wir gesellschaftspolitisch aktiv sind und auch dort die Energiewende vorantreiben. Das hat jetzt nichts mit unserem direkten Geschäft zu tun, sondern mit den Rahmenbedingungen. Hier haben wir im Bereich der Stromkennzeichnung und im Bereich der Gaskennzeichnung im Gesetzgebungsprozess viel bewirkt.
Wie kann bei oekostrom AG garantiert werden, dass der Strom wirklich zu 100% aus Österreich kommt?
Es gibt in Österreich eine Stromkennzeichnung, die wir maßgeblich mitgestaltet haben. Einerseits weisen wir das natürlich aus, aber es gibt auch eine unabhängige Berichterstattung über die Stromherkunft, das ist die Regulierungsbehörde “E-Control”. Da kann man sich den Stromkennzeichnungsbericht für Österreich ansehen und da sieht man für jedes Unternehmen, woher der Strom kommt - wieviel fossiler Anteil dabei ist, wieviel aus internationalen Quellen kommt etc. Das kann man tatsächlich nicht nur für uns sondern für jedes Unternehmen machen. Und bei uns seht ihr dann, dass wir 100% erneuerbaren Strom aus Österreich haben.
“Man muss sich vorstellen, dass jede 5. Kilowattstunde, die in Österreich verbraucht wird, nach wie vor aus fossilen Quellen kommt”
Expert*innen sagen, dass der Unterschied zwischen gutem und schlechtem Ökostrom darin liegt, ob die Nachfrage des Stroms Ausbauwirkung zeigt. Beim Bezug von gutem Ökostrom wird beispielsweise der Bau von neuen Ökostrom-Anlagen mitfinanziert. Warum ist das ein wichtiges Kriterium?
Österreich ist schon lange sehr weit, was den Anteil der erneuerbaren Energien betrifft und das liegt vor allem an unserer topographischen Lage. Dadurch haben wir viel Wasserkraftanteil im Strombereich - schon lange über 70 %. Mittlerweile liegen wir beim erneuerbaren Anteil in Summe schon fast bei 80%. Wir brauchen aber 100% - das Problem sind eben diese 20% dazwischen. Man muss sich vorstellen, dass jede 5. Kilowattstunde, die in Österreich verbraucht wird, nach wie vor aus fossilen Quellen kommt. Das heißt, da muss sich noch was tun und um das zu verändern, muss man neue Anlagen bauen. Es ändert sich also nichts, wenn ich den alten Strom aus der alten Wasserkraft kaufe, sondern es geht darum, dass neu zugebaut wird und das wird zum Beispiel mit dem Umweltzeichen gezeigt. Mit dem Umweltzeichen ist garantiert, dass ein sehr hoher Anteil an neu gebauten Anlagen mit dabei ist. Das Alter der Anlagen ist somit miteinberechnet. Mit dem Zertifikat des Umweltzeichens kann man sich sicher sein, dass man den top-prämierten Grünstrom kauft, der am meisten für die Energiewende bewirkt.
Weil um die geht es ja jetzt.
Weil um die geht es ja jetzt.
Was ist die Energiewende?
Mit der Energiewende wird der Übergang von umweltschädlichen Energiequellen, wie Kohle, Erdöl, Erdgas und Atomenergie zu einer Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen, wie beispielsweise Wind, Wasser und Sonne bezeichnet. Durch die Energiewende sollen die entstehenden Treibhausgas-Emissionen in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität gesenkt werden, um das Klima zu schützen und eine nachhaltige Nutzung von Energie für die Zukunft zu gewährleisten.
“Da geht es um Vernebelungstaktiken - das will ich natürlich nicht allen Zertifikaten unterstellen. Aber wir sind damit (mit dem Umweltzeichen und der Stromkennzeichnung, Anm. d. Red.) gut versorgt im Strombereich. Deshalb glauben wir, dass hier weniger mehr ist.”
Was halten Sie von Zertifikaten wie RECS (Renewable Energy Certificate System), also eine Zertifizierung für Strom aus erneuerbaren Quellen? Warum hat sich die oekostrom AG gegen solche Zertifikate entschieden?
Das Problem mit Zertifizierungen ist, dass jede Zertifizierung ein Aufwand ist und für den Kunden oder die Kundin auch ein gewisses Maß an Verwirrung darstellt. Und deshalb glaube ich, ist es wichtig, dass man diesen Dschungel bewältigt. Ich habe zuerst schon das Umweltzeichen angesprochen. In Österreich gibt es eine Zertifizierung, die wirklich gut ist in Kombination mit der Stromkennzeichnung, wo es eben wirklich einen Bericht gibt. Das lege ich jedem und jeder, der*die sich interessiert auch wirklich nahe, weil man da sieht, wo eigentlich der fossile Strom verkauft wird. Ich will jetzt keine Namen nennen, aber den verkauft natürlich auch jemand. Wenn jede fünfte Kilowattstunde Fossil ist, dann hat das auch jemand im Portfolio und da sieht man wie viel Strom eigentlich mit ausländischen Billig-Zertifikaten sauber gewaschen wird. Die Kombination aus dem Stromkennzeichnungsbericht und dem Umweltzeichen halten wir aber für gut und deshalb setzen wir wirklich darauf und eben nicht auf andere, weil wir glauben, dass man damit die Leute nur verliert. Es ist nicht nur im Energiebereich so. Man kennt das vielleicht aus dem Lebensmittelbereich und es gibt das in vielen Bereichen, das tun viele Unternehmen. Meiner Meinung nach machen das viele auch absichtlich. Da geht es um Vernebelungstaktiken - das will ich natürlich nicht allen Zertifikaten unterstellen. Aber wir sind damit gut versorgt im Strombereich. Deshalb glauben wir, dass hier weniger mehr ist.
“Im Moment importieren wir jedes Jahr Fossile um 9 Milliarden Euro und diesen Beitrag gilt es natürlich zu reduzieren.”
Unser Strombedarf steigt derzeit immer noch weiter an, denken Sie, dass es möglich ist diesen mit erneuerbarer Energie zu decken?
Man hat berechnet, wie viel Strom - und ich rede jetzt wirklich von Strom und nicht von Gesamtenergie - man bis 2030 verbrauchen wird. Da kann man sich dem anschließen, was auch im Erneuerbaren-Ausbaugesetz steht und zwar, dass man noch 27 Terawattstunden mehr braucht. Ich denke, dass es möglich ist, weiter auszubauen und dass man damit bis 2030 das Ziel 100 % aus Erneuerbaren erreichen wird. Es ist genug Platz für weitere Quellen (Anm. d. Red.). Im Erneuerbaren-Ausbaugesetz steht wieviel aus Windkraft, Biomasse und Wasserkraft kommen soll und ich glaube, dass das gut und realistisch ist.
Wo es schwierig wird, ist die Industrie zu elektrifizieren und zu dekarbonisieren und der ganze Bereich der Mobilität. Da gehe ich eigentlich davon aus, dass es wahrscheinlich nach wie vor einen Import geben wird. Aber man muss es so sehen: Im Moment importieren wir jedes Jahr Fossile um 9 Milliarden Euro und diesen Beitrag gilt es natürlich zu reduzieren. Je mehr wir davon ins Land holen können, desto mehr der Wertschöpfung bleibt bei uns. Und ich glaube, das muss das Ziel sein.
Wo es schwierig wird, ist die Industrie zu elektrifizieren und zu dekarbonisieren und der ganze Bereich der Mobilität. Da gehe ich eigentlich davon aus, dass es wahrscheinlich nach wie vor einen Import geben wird. Aber man muss es so sehen: Im Moment importieren wir jedes Jahr Fossile um 9 Milliarden Euro und diesen Beitrag gilt es natürlich zu reduzieren. Je mehr wir davon ins Land holen können, desto mehr der Wertschöpfung bleibt bei uns. Und ich glaube, das muss das Ziel sein.
“Ich bin jetzt ketzerisch und sage, dass auf Plastiksackerl zu verzichten eine super Symbolik hat, aber in Wirklichkeit wirkt sich der Umgang mit Energie gerade beim Wohnen viel mehr auf den Planeten aus.”
Was ist Ihr bester Tipp, den Sie der Zero Waste Austria Community im Umgang mit Strom mitgeben wollen?
Ich glaube, dass Strom etwas extrem Wertvolles ist. Nach dem Essen ist der Energiebedarf der zweitgrößte Hebel, den man persönlich hat. Damit meine ich die Mobilität und den Strom, den man für Geräte braucht und so weiter. Und deshalb ist es extrem wichtig, dass man sich einerseits gut überlegt: “Wo brauche ich wirklich Energie?” und “Wie kann ich effizienter sein?”. Im Bereich Wohnen ist schon wahnsinnig viel erreicht, indem man zum Beispiel dämmt. Ich wohne selbst in einer Altbauwohnung. Man kann viel bewirken, indem man ein paar Verhaltensregeln befolgt.
Ich bin jetzt ketzerisch und sage, dass auf Plastiksackerl zu verzichten eine super Symbolik hat, aber in Wirklichkeit wirkt sich der Umgang mit Energie gerade beim Wohnen viel mehr auf den Planeten aus. Ich bin trotzdem dafür, diese Plastiksackerl einzusparen. Aber ich glaube, dass man darauf schauen muss, wo die großen Hebel sind, die man hat.
Dann geht es natürlich auch darum, woher man die Energie bezieht. Das macht einen riesigen Unterschied. Also schaut in den Stromkennzeichnungsbericht und ihr werdet sehen, dass es da viele Konzerne gibt, die noch einen sehr hohen Anteil Fossile dabei haben.
Und da bin ich echt dafür, dass man die unterstützt, die wirklich die Energiewende vorantreiben. Und die zu unterstützen bewirkt tatsächlich etwas. Und deshalb macht es einen Unterschied, woher ich meine Energie beziehe. Also mein Tipp: So genau hinschauen wie zum Beispiel beim Essen. Kauft das "Bio des Stroms".
Ich bin jetzt ketzerisch und sage, dass auf Plastiksackerl zu verzichten eine super Symbolik hat, aber in Wirklichkeit wirkt sich der Umgang mit Energie gerade beim Wohnen viel mehr auf den Planeten aus. Ich bin trotzdem dafür, diese Plastiksackerl einzusparen. Aber ich glaube, dass man darauf schauen muss, wo die großen Hebel sind, die man hat.
Dann geht es natürlich auch darum, woher man die Energie bezieht. Das macht einen riesigen Unterschied. Also schaut in den Stromkennzeichnungsbericht und ihr werdet sehen, dass es da viele Konzerne gibt, die noch einen sehr hohen Anteil Fossile dabei haben.
Und da bin ich echt dafür, dass man die unterstützt, die wirklich die Energiewende vorantreiben. Und die zu unterstützen bewirkt tatsächlich etwas. Und deshalb macht es einen Unterschied, woher ich meine Energie beziehe. Also mein Tipp: So genau hinschauen wie zum Beispiel beim Essen. Kauft das "Bio des Stroms".
Wir bedanken uns herzlich bei Hildegard Aichberger von oekostrom AG.
Wenn du mehr über die oekostrom AG und ihren Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz lesen willst, dann schau mal hier auf unserer Website vorbei. Und falls du dich fragst, was Ökostrom mit der Zero Waste Philosophie zu tun hat, hat unsere Lorraine einen Blogeintrag genau zu diesem Thema geschrieben.
Wenn du mehr über die oekostrom AG und ihren Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz lesen willst, dann schau mal hier auf unserer Website vorbei. Und falls du dich fragst, was Ökostrom mit der Zero Waste Philosophie zu tun hat, hat unsere Lorraine einen Blogeintrag genau zu diesem Thema geschrieben.
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